PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
Presseerklärung
28. Juli 2009
Lizenz zum Töten?
Irakischer Flüchtling stirbt nach Misshandlung durch die griechische Hafenpolizei
PRO ASYL: Weiterer Höhepunkt der Gewalt gegen Flüchtlinge
Am 27. Juli 2009 ist ein 29jähriger irakischer Kurde, der bei einem Einsatz der griechischen Hafenpolizei in Igoumenitsa am 3. April 2009 schwer verletzt worden war, gestorben. Nach massiven Misshandlungen durch die Polizei war er ins Koma gefallen und später operiert worden. Nach Augenzeugenberichten hatten Polizeibeamte in Tarnuniformen Arivan Abdullah Osman, der sich in der gesperrten Hafenzone aufhielt, verhaftet und dabei seinen Kopf mehrfach auf den Betonboden geschlagen.
Die Beileidsbekundungen des griechischen Handelsmarineministers Anastassios Papaligouras sind nach Auffassung von PRO ASYL wenig glaubwürdig. Die Hafenbehörden der griechischen Fährhäfen in Richtung Italien gehen seit langem mit Hilfe der Polizei brutal gegen Flüchtlinge vor, die verzweifelt versuchen, auf Fähren Richtung Italien zu gelangen. Sie tun dies auch, weil das faktisch kaum vorhandene griechische Asylsystem eine Kette von Völkerrechtsbrüchen ist.
Flüchtlinge haben gegenüber Nichtregierungsorganisationen häufig über Misshandlungen durch die griechische Küstenwache in den ostägäischen Gewässern berichtet. Für fast alle Flüchtlinge beginnt der Aufenthalt in Griechenland mit wochenlanger Inhaftierung. Über die verheerenden Haftbedingungen hat das Antifolterkomitee des Europarates erst vor kurzem wieder berichtet. Derselbe Bericht verurteilt brutale Übergriffe der Polizei und fordert die Einleitung wirksamer Ermittlungen. Während der zugrundeliegenden Recherchereisen hatten die Experten zahlreiche Inhaftierte interviewt, die von Brutalitäten der Polizei berichteten. Noch während der Recherchereise hatte ein Arzt der Delegation mehrfach bei Gesprächspartnern Verletzungen festgestellt, die zu ihren Aussagen passten. Grundsätzlich haben Festgenommene in Griechenland, so das Antifolterkomitee, ein beträchtliches Risiko, von der Polizei mit Schlägen, Tritten und Stockhieben eingeschüchtert zu werden.
In den letzten Wochen gingen die griechischen Behörden und die Polizei massiv gegen Flüchtlinge und Migranten vor, die notdürftig in Abbruchhäusern und hastig errichteten Behelfsunterkünften untergekommen sind. Von staatlicher Seite wird die übergroße Mehrheit der Flüchtlinge in Griechenland obdachlos gelassen, sodass sich der Druck auf die Betroffenen erhöht, die ihr Heil in einer Weiterflucht suchen.
Die Karamanlis-Regierung hat Flüchtlinge faktisch für vogelfrei erklärt. Zum Teil werden sie unter Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention in Nacht- und Nebelaktionen in die Türkei abgeschoben. Wo der Rechtsbruch von staatlicher Seite zum Alltag wird, da scheinen offenbar einige Polizisten bereit, dies als Lizenz zum Töten aufzufassen.
gez. Bernd Mesovic
Referent
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